Die Nutzung der Windenergie an Land ist keine Erfindung der Neuzeit. Historiker sind sich uneinig wann und wo das erste mal Windenergie an Land genutzt wurde. Wahrscheinlich war das Windrad des griechischen Tüftlers Heron von Alexandria aus dem antiken Griechenland das erste Windrad, das eine Maschine angetrieben hat.

Seit dem frühen Mittelalter fanden Windräder zunehmend für das Mahlen von Getreide oder zur Bewässerung von Feldern Verwendung. Zur Produktion von Strom gewinnt die Windenergie erst seit der Ölkrise der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts an Bedeutung.

Physikalische Hintergründe

Die Windkraft nutzt die kinetische Energie (Bewegungsenergie) des Windes. Um die Leistung zu berechnen, die in diesem Wind steckt, lässt sich die folgende Formel herleiten.

PWind=½ · ρ · A · v³

mit

ρ = Dichte der Luft in kg/m³

A = Querschnittsfläche des Rotors in m

v = Windgeschwindigkeit in m/s

Wäre die Windenergieanlage (WEA) in der Lage, diese Leistung komplett zu nutzen, würde sie den Wind komplett abbremsen, sodass sich die Luft hinter der WEA aufstauen würde. Da das nicht möglich ist, wird die maximale Leistung, die eine ideale WEA dem Wind entnehmen könnte, durch den Betz-Wirkungsgrad (auch Leistungsbeiwert) definiert. Dieser Wert beträgt maximal 59,3 % und ist sehr von der Bauweise abhängig. Moderne WEA haben in der Regel Leistungsbeiwerte von bis zu 50 %. Bei einer realen Windenergieanlage wird die erzeugte elektrische Leistung noch durch weitere Faktoren verringert. Neben den Reibungsverluste in der Luftströmung treten auch mechanische und elektrische Verluste auf, die bei der Umwandlung von mechanischer in elektrische Energie mit den gewünschten elektrischen Kennwerten entstehen. Die tatsächliche elektrische Leistung einer WEA kann also wie folgt bestimmt werden:

PWEA=½ · ρ · A · v³ · ηBetz · ηReib · ηmech · ηelektr

mit

ρ = Dichte der Luft in kg/m³

A = Querschnittsfläche des Rotors in m

v = Windgeschwindigkeit in m/s

ηBetz = Betz-Wirkungsgrad

ηReib = Wirkungsgrad der Strömung

ηmech = Mechanischer Wirkungsgrad

ηelektr = Elektrischer Wirkungsgrad

Anhand dieser Formel ist zu erkennen, dass die Windgeschwindigkeit von sehr großer Bedeutung ist, da sie mit der dritten Potenz in die Leistung einfließt. Da die durchschnittliche Windgeschwindigkeit in großen Höhen zunimmt, geht der Trend daher zu immer höheren Türmen. Gleichzeitig werden die Rotorflächen durch längere Rotorblätter vergrößert, um die Ausbeute zu erhöhen. In der folgenden Abbildung ist dieser Trend verdeutlicht.

Größe von Windenergieanlagen
Abbildung 1: Entwicklung der Größe von Windkraftanlagen am Beispiel der Anlagen des Windenergieanlagenherstellers Enercon

Aufbau einer Modernen WEA

Für die Produktion elektrischen Stroms im großen Maßstab hat sich die Bauweise mit drei Rotorblättern, die um eine horizontale Achse rotieren, durchgesetzt. Die Rotoren funktionieren nach dem Auftriebsprinzip, wie bei den Flügeln eines Flugzeuges. Die Rotorblätter werden also nicht vom Wind "weggedrückt" wie bei alten Holland-Windmühlen. Stattdessen bildet sich durch das aerodynamische Strömungsprofil der Rotorblätter an einer Seite ein Unterdruck und die Rotorblätter werden quasi von der Stelle gezogen.

Der Rotor moderner WEA wird automatisiert in den Wind gedreht, sodass der Rotor windaufwärts steht. In diesem Fall wird von einem Luv-Läufer gesprochen. Bei kleinere Anlagen ohne motorisierte Windnachführung steht der Rotor oftmals vom Wind abgewandt, in diesem Fall wird die Anlage als Lee-Läufer bezeichnet. Moderne Windenergieanlagen verfügen darüber hinaus über eine motorisierte Blattverstellung, die auch Pitch-Verstellung genannt wird. Dabei wird der Winkel zwischen dem anströmenden Wind und dem Rotorblatt verändert. Diese Funktion ist elementar für die Steuerung der Anlage und ist das wichtigste Mittel, um die Leistung der Anlage zu reduzieren und um die Anlage abzubremsen. In der folgenden Abbildung ist eine moderne Windenergieanlage mit dem wichtigsten Komponenten dargestellt. Durch eine andere Bauweise des Generators kann ich verschiedenen Anlagentypen auf ein Getriebe verzichtet werden.

Abbildung 2: Moderne Windenergieanlage mit einigen Komponenten. Quelle: Arne Nordmann (norro), Windkraftanlage, CC BY-SA 3.0

Offshore Windenergie

Lange Zeit wurden Windenergieanlagen nur auf dem Land installiert. Die Installation auf dem offenen Meer ist mit vergleichsweise großem Aufwand verbunden und daher sehr kostspielig. Allerdings hat die Offshorewindenergie den Vorteil, dass auf dem offenen Meer öfter der Wind weht und die durchschnittliche Windgeschwindigkeit größer ist. Außerdem steht viel Fläche zur Verfügung, ohne dass Anwohner sich durch die enormen Windräder belästigt fühlen. Um die Offshorewindenergie wirtschaftlich zu gestalten, sind große Anlagen mit einer hohen Nennleistung von Vorteil. Diese Anlagen müssen mit verschiedenen Gerätschaften ausgestattet werden, damit sie durch das Salzwasser keinen Schaden nehmen.

Offshorewindenergieanlagen haben nicht selten Nennleistungen von mehr als 5 MW. Das reicht aus, um pro Jahr in etwa 17 Millionen Kilowattstunden Strom zu erzeugen. Das ist genügend Energie um ca. 4800 Haushalte oder 19.200 Personen mit Strom zu versorgen.

Andere Bauformen

Die oben abgebildete Bauform einer Windenergieanlage hat verschiedene Nachteile, die sie ungeeignet für die Produktion von Windstrom in kleinem Maßstab macht. Wie schon erwähnt wurde, sind verschiedene, sehr komplexe Bauteile nötig, um einen wirtschaftlichen und sicheren Betrieb zu ermöglichen. Dazu zählen die Windnachführung (auch Azimutverstellung) und die Winkelverstellung der Rotorblätter (Pitchverstellung). Für den Betrieb als Kleinwindanlage kommt auch die klassische Form mit drei oder vier Rotorblättern, die um eine horizontale Achse rotieren, in Frage. Um den Regelungsaufwand zu minimieren handelt es sich meistens um Lee-Läufer, d.h. der Rotor steht dem Wind abgeneigt und die Ausrichtung erfolgt passiv durch die Einwirkung des Windes. Die Leistungsbegrenzung erfolgt meistens durch den Stall-Effekt, d.h. die Strömung an den Rotorblättern reißt bei einer bestimmten Windgeschwindigkeit von Strömungsprofil ab und die übertragene Leistung wird reduziert. Seltener kommen auch mechanische Pitch-Systeme zum Einsatz, bei denen der Anstellwinkel der Rotorblätter aktiv verändert wird.

Neben den Horizontalwindkraftanlagen kommen v.a. im Kleinwindanlagen-Bereich Vertikalwindkraftanlagen zum Einsatz. Dabei ist die Rotationsachse des Rotors nicht länger horizontal, sondern vertikal angeordnet. Die prominentesten Vertreter sind der Savonius- und der Darrieus-Rotor. 

Savonius-Rotor

Ein bekannter Vertreter der Kleinwindanlagen ist der Savonius-Rotor. Er besteht aus zwei oder mehr schaufelförmigen Flügeln, die entlang einer vertikalen Achse verbunden sind (siehe Abbildung 3).

Die Bauweise um eine vertikale Achse bietet den Vorteil, das keine Windnachführung notwendig ist. Außerdem können Generator und ggf. Getriebe bodennah montiert werden und sind daher leichter für Wartungs- und Reparaturarbeiten zugänglich.

Der Savonius-Rotor funktioniert nach dem Widerstandsprinzip, in dem eine Seite des Rotors mehr Windwiderstand bietet als die andere Seite. Er startet bereits bei niedrigen Windgeschwindigkeiten und wird oft für Belüftungssysteme verwendet oder um Pumpen anzutreiben. Eine wirtschaftliche Stromproduktion ist kaum möglich, da diese Bauweise bei Verwendung eines Standardgenerators auf ein Getriebe angewiesen ist, das zusätzliche Verluste einbringt. Gleichzeitig sind große Savonius-Rotoren, bei denen die zusätzlichen Verluste und Kosten in einem vernünftigen Verhältnis zur erzeugten Strommenge stünden, vergleichsweise teuer, da viel Material verbraucht wird und das System aufgrund des hohen Gewichts und der großen Angriffsfläche bei Sturm auf hohe Lasten ausgelegt werden muss.

Schematischer Aufbau eines Savonius Rotors
Abbildung 3: Schematischer Aufbau eines Savonius Rotors mit zwei Flügeln. Quelle: Savonius_turbine.gif: The original uploader was Jaganath at English Wikipedia derivative work: Cmglee, Savonius turbine, CC BY-SA 3.0

 

Darrieus-Rotor

Ein weiterer Vertreter der Kleinwindanlagen ist der Darrieus-Rotor. Er funktioniert nach dem Auftriebsprinzip und besteht aus zwei oder mehr Flügeln, die um eine vertikale Achse angeordnet sind. Dieser Rotor ist in den klassischen Form (Abbildung 4), in der H-Rotor Form (Abbildung 5) oder in der Darrieus-Helix-Rotor Variante vertreten (Abbildung 5). Die klassische Form kann nicht von alleine starten und benötigt daher eine Anfahrhilfe, die anderen beiden Varianten sind darauf nicht angewiesen, da sie im stehenden Zustand zunächst als Widerstandsläufer fungieren. Der Helix-Rotor bietet ein gleichmäßigeres Drehmoment, wodurch mechanische Belastungen minimiert werden.

Darrieus-Rotor in der klassischen Bauform.
Abbildung 4: Darrieus-Rotor in der klassischen Bauform. Quelle: Dietrich Krieger, Darrieus-Rotor Ennabeuren-3256, CC BY-SA 3.0
Abbildung 5: Darrieus H-Rotor. Quelle: Hannes Grobe/AWI, Windgenerator antarktis hg, CC BY 3.0
Darrieus-Helix-Rotor
Abbildung 6: Darrieus-Helix-Rotor Quelle: Carl von Canstein at de.wikipedia, Darrieus-Helix-Rotor in Breitenwurbis, KD Metall und Maschinenfabrik Gmbh, CC BY-SA 3.0 DE